Neubau 4fach Kindergarten, Böttstein
Städtebau
Der eingeschossige Kindergarten orientiert sich städtebaulich an der angrenzenden Quartiersbebauung im Norden und verläuft parallel zur Grenze. Das eröffnet die Möglichkeit, den Bereich im Süden zu den bestehenden, raumbildenden Bäumen freizuhalten und gut zu bespielen. Der Baukörper wendet sich so auch nicht von der Strasse ab, die Zugänglichkeit ist klar definiert. Sämtliche Einheiten erhalten damit die gleiche Ausrichtung.
Mit der eingeschossigen Ausführung werden allen Gruppen eine direkte Anbindung und Nutzung des Aussenraums ermöglicht. Damit der Fussabdruck nicht zu gross wird und auch ein zusätzlicher Kindergarten bei einer allfälligen Erweiterung die gleichen Voraussetzungen erfährt, erhält jede Gruppe eine Galerie im Hauptraum.
Das Grundstück erfährt ein Zusammenspiel von hoch gewachsenen, bestehenden Bäumen und einem niedrig, sich in Längsrichtung ausdehnenden Gebäudekörper. Der Aussengeräteraum im Westen fasst den Spielbereich und bildet den Abschluss des Perimeters.
Architektur
Alle Gruppen sollen dieselben Vorteile erhalten und entsprechend an den Aussenraum angebunden sein. Deshalb wird der Kindergarten ebenerdig vorgesehen.
Um volumetrisch feingliedrig und innenräumlich spannend in Erscheinung zu treten, unterscheiden sich die Dachformen nach ihrer jeweiligen Nutzung. Die Haupträume werden als grösste Volumina mit einem Pultdach versehen. Die vortretenden Garderoben und Multifunktionsraum ebenfalls, neigen sich aber in die Gegenrichtung und bilden so ein spannendes Wechselspiel der Dachformen. Die Nebenräume zwischen den grösseren Gebäudekörper sind mit einem Flachdach bespielt, welches zwischen den Hauptdächern intensiv begrünt werden soll. Dieses Wechselspiel der zugeordneten Dächer lässt das Gesamtvolumen feingliedriger erscheinen und definiert die einzelnen Nutzungen.
Die Gebäudekörper gliedern sich in der Fassadenstruktur nach ihrer Nutzung. Das Hauptvolumen, die Kindergarteneinheiten, werden von einem Sockelraster umspannt, welches im oberen Bereich feiner wird und die Dachform stärkt. Die vorgelagerten Volumina mit Garderoben und Multifunktionsraum sind etwas weniger detailreich ausgestaltet und setzen sich so charakterlich leicht vom Hauptvolumen ab, ohne die Zusammengehörigkeit zu verlieren. Das Materiallager für die Aussengeräte wiederum wird noch zurückhaltender ausgestaltet. Es ordnet sich dem Kindergarten unter.
Mit der feingliedrigen Fassadengestaltung wird der in Holzbauweise erstellte Kindergarten einheitlich gefasst und massstäblich reduziert. Durch die Ausbildung der einzelnen Gebäudekörper und der unterschiedlich ausgebildeten Dachneigungen, wird der Kindergarten in seiner Grösse gebrochen und sanfter in die Umgebung eingebettet. Gleichzeitig wird dadurch die Adressierung und Identifikation mit dem Kindergarten für die Kinder gestärkt.
Die einzelnen Durchblicke dienen der Orientierung, aber auch der Interaktion untereinander. So sind alle Einheiten zweiseitig orientiert, was eine optimale Belichtung ermöglicht. Die Durchsicht durch die einzelnen Einheiten wird so möglich. Ebenso sind Sichtbezüge durch die Garderoben- und Vorplatzschicht vorhanden. Sie bieten zudem geschützten Zugang zum zentral gelegenen Multifunktionsraum und Lehrpersonenzimmer. Die gemeinsamen Gruppenzimmer können separat abgetrennt werden.
Die eingefügte Galerie wird durch ein räumlich spannendes Tragwerk gehalten und generiert so unterschiedliche Durchblicke zum darunter liegenden Hauptraum.
Das bestehende Untergeschoss kann weiter als Lagerfläche genutzt werden. Da es auch über einen separaten Zugang verfügt, können die Räumlichkeiten zB. auch von der Schule genutzt werden.
Umgebung
Der Aussenraum gliedert sich in die vier Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft. Die bestehenden Bäume werden in die Gestaltung integriert.
Der Erschliessungsweg leitet spielerisch zu den Kindergartengruppen, weitet sich zum Platz und bindet auch den Aussengeräteraum an. Der Platz ist so angeordnet, dass er teilweise im Schatten der bestehenden Bäume liegt. Zu erwähnen an der Weg- und Platzform ist, dass sie grösstenteils ausserhalb des Kronenbereichs der bestehenden Bäume liegt, um deren grossartigen Wert zu erhalten. Sowohl der Platz wie auch die Wege sind nutzbare Spielfläche.
Am Ende der Baumkronen findet sich das Element Feuer mit einer Feuerstelle. Rund angeordnet sind Sitzmöglichkeiten aus Baumstämmen und Steinblöcken.
Die grosszügige Spielfläche aus Hügeln, kombiniert mit einer Rutschbahn und Nestschaukel gehört dem Element Luft. Hier ist Raum für freies Spiel aber auch mögliche zukünftige (Spiel-)Ergänzungen.
Eine Pumpwasserstelle ist Spielelement im Wasser-Sandbereich. Gleichzeitig kann hier auch Wasser für den nördlich gelegenen Garten geholt werden. Das Sandspiel ist mit Spielsteinen und Holzbalken gefasst und ergänzt.
Im Gartenbereich hat jede Kindergartengruppe ihr eigenes Beet. Obstbäume und eine Naschhecke ergänzen den Garten, hier können die Kinder graben, pflanzen, essen und zusammen etwas schaffen. Ein rollstuhlgängiger Kiesweg gliedert den Bereich an den Gemeinschaftsplatz an. Bei einer allfälligen Erweiterung um eine fünfte Gruppe, können die Gartenbeete zum Beispiel entlang der Südostfassade zwischen den Anschlusswegen angeordnet werden.
Im Zentrum des Kindergartens findet sich vor allem Spielrasen. In den Randbereichen geht dieser fliessend in eine Blumenwiese über, welche Natur- und Entdeckungswert hat. Ein Weg führt um den Kindergarten und durch die verschieden gestalteten Aussenbereiche.
Ergänzt werden die bestehenden Bäume durch eine strassenbegleitende Feldahornreihe. Diese führt die bestehende Reihe um den Sportplatz weiter.
Erschliessung und innere Logik
Der Zugang zu den einzelnen Einheiten erfolgt vom Hauptweg aus jeweils zentral über einen Innenhof, welcher teils offen, teils gedeckt ist. Der gedeckte Bereich bietet Gelegenheit für die Kinder zum Warten, sammeln und eine trockene Spielfläche. Ebenso kann diese Schicht als Erweiterung des Hauptraumes genutzt werden. Jede Kindergarteneinheit hat einen eigenen Zugang und Vorbereich.
Vom gedeckten Vorbereich sind die Garderoben direkt zugänglich. Die Garderoben funktionieren als eigene Räume und können so für andere Zwecke gut abgetrennt werden.
Jede Kindergartenabteilung soll grundsätzlich in sich funktionieren können. Gleichzeitig darf aber auch eine visuelle Kommunikation aller Gruppen stattfinden können. Querverbindungen im Eingangsbereich und im Galeriegeschoss, sowie über den gemeinsamen Gruppenraum ermöglichen dies.
Die Einheiten sind mit ihrem klaren Raster als einfache Schotten konzipiert. Der Hauptraum und die in der Achse angelegten Nebenräume wie Gruppenraum, Material und Nassbereiche wechseln sich ab. Der Hauptraum erhält eine zweiseitige Orientierung. Der gemeinsame Gruppenraum wird direkt vom Hauptraum erschlossen und ist jeweils abtrennbar.
Eine im Hauptraum integrierte Galerie schafft unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten und Sichtbezüge innerhalb der Einheit. Sie bietet Rückzugsmöglichkeiten, aber ist auch genügend gross um sie entsprechend bespielen zu können. Rundfenster in den Schottenwänden auf dem Galeriegeschoss bietet eine weitere Sichtverbindung durch alle Einheiten.
Materialisierung
Die Holzfassaden aus Fichtenholz sind durch die rhythmische Anordnung der Bretter und Deckleisten geprägt. Die Fichtenholzverkleidung ist mit einem Anstrich aus grüner und purpurner Schlammfarbe behandelt. Die Naturholzfenster zeichnen sich in ihrer Materialität und Farbe ab. Dadurch ergibt sich eine umschliessende Geste aus farbigem Fichtenholz mit weichem, naturbelassenem Innern, welche auf eine verspielte Art die Sinne der Kinder anspricht. Für die Fensterbänke und andere exponierte Bereiche kommt witterungsbeständige Douglasie zum Einsatz.
Für die Lehrer- und Gruppenräume wird eine Fensterkombination aus öffenbaren Flügeln und dem oberen, motorisierten Lüftungskippfenster vorgesehen. Der aussenliegende Sonnenschutz ist über Stoffmarkisen gelöst.
Auf der Südfassade öffnen sich die Räume mit Faltschiebefenstern. Diese ermöglichen eine ebenerdige, schwellenlose Benutzung des Innen- mit dem Aussenbereich, sowie eine grosszügige Öffnung des Aufenthaltsraums. Ein grosszügiges Oblichtband bringt viel Licht ins Innere und betont den sich öffnenden Raum. Es schafft zudem Sichtbezüge von der Galerie in die Baumkronen.
Das Dach ist als kompaktes Warmdach projektiert. Der Dachrand ist minimal gehalten, was der Feingliedrigkeit des Hauses dient. Auf dem Dach ist genügend Platz für eine optimal ausgerichtete Photovoltaik-Anlage vorhanden, sowie eine ökologisch wertvolle zusammenhängende Fläche für die Ansiedlung von Insekten in der extensiven Begrünung zwischen den Hauptvolumina.
Warme, aber dezente Farbtöne finden sich im Innenraum. Ein umlaufendes Brusttäfer aus Schrankfront, Fensterfronten und hell gestrichenem Holz gibt dem Hauptraum einen Horizont, die Dachschräge darüber dadurch stärker betont. Die Wandflächen über dem Brusttäfer und die Dachflächen zwischen den Sparren werden mit naturfarbigen Holzwolleplatten verkleidet, welche für eine optimale Raumakustik sorgen.
Durch seine farbliche Zurückhaltung kann der Brusttäferbereich frei bespielt werden. Sei es mit Wandtafeln, Steckbrettern, zum Aufhängen von Zeichnungen oder Dekorationen. Einfache und robuste, aber dennoch ästhetisch schöne Materialien werden für den Ausbau verwendet.
Ort: Böttstein
Projektwettbewerb 2023
Landschaftsarchitektur: Schrämmli Landschaftsarchitekten